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Ein Löffelchen für Mama, ein Löffelchen für Papa...

Kennt ihr dieses Spiel noch? Ein Löffelchen für Mama, eine Löffelchen für Papa, ein Löffelchen für Oma und auch noch ein Löffelchen für Opa. Oder kennt ihr das Fliegerspiel? "Brrrrrrhhhhuuuuuumm" und der Löffel fliegt in kreisenden Bewegungen in den Mund des Kindes.

Doch was genau passiert da eigentlich? Das was sich nach süßem und spielerischem Nahebringen der Beikost klingt, ist leider in vielen Fällen ein Übergehen des natürlichen Hunger- und Sättigungsgefühl des Babys. In der Regel kommen diese Spielchen zum Einsatz, wenn das Kind in  den Augen der Eltern nicht genug Brei gegessen oder die vorgegebene Breiportion nicht aufgegessen hat. Die Folgen von einem häufigen Übergehen des natürlichen Hunger- und Sättigungsgefühls können sein, dass das Kind sein Hunger- und Sättigungsgefühl völlig verlernt. Diese Probleme können bis ins Erwachsenenalter anhalten. Eine Weitere Folge ist eine stetige Überfütterung, da die Eltern die Verantwortung für die Nahrungsaufnahme übernehmen und die kontrollieren und regeln wollen oder eher glauben zu müssen.

Merkwürdigerweise ist es mittlerweile Konsens, dass Säuglinge nach Bedarf gestillt werden. Aber sobald es an die Beikost geht, scheint das Verständnis verloren zu gehen, dass Babys ein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl haben und plötzlich dreht sich alles darum Essensportionen und bestimmte Nährstoffe in das Kind zu bekommen. Das Gespenst des Nährstoffmagels scheint über allen Beikostanfängern zu schweben.

Doch wie kommt es zu dieser etwas absurd anmutenden Entwicklung? Das Gewicht ist ein wichtiger und nicht unerheblicher Indikator für die Entwicklung eines Kindes. Die Gewichtskontrollen beginnen direkt nach der Geburt. Nimmt das Kind nach der Geburt zu viel ab, wird häufig das Zufüttern mit der Flasche angeraten, anstatt der jungen Mutter bei einer Optimierung des Stillmanagements zu helfen und sie entsprechend zu beraten. Ebenso verhält es sich häufig, wenn bei einer Geburt Interventionen nötig waren und danach das Stillen nicht so anläuft, wie das vielleicht gewünscht war.

Bekommt ein Baby von Anfang an die Flasche, ist die Kontrolle der Trinkmenge von Anfang an unter Kontrolle. Hersteller von Säuglingsnahrung geben die Menge pro Mahlzeit viel zu hoch an. Die angegebene Menge übersteigt das Volumen des Babymagens und erzeugt bei Eltern einen unglaublichen Druck diese Mengen auch in das Kind bekommen zu müssen. Auch hier kann es schon zu Anfängen von Überfütterung kommen.

Sobald die Bekost beginnt, erscheint der Breifahrplan alternativlos. Er wird Eltern als Email zugesandt, der Kinderarzt fragt frühzeitig, ob bereits mit Brei begonnen wurde, bunte Gläschen mit Bildern von wunderbaren Gerichten verheißen einen Essgenuss für das Baby. Natürlich sind auch auf den Gläschen Portionsgrößchen angegeben, die es nach Möglichkeit zu erreichen gilt.

Doch wie kann man die Überfütterungsfalle vermeiden? Ist die Breifütterung grundsätzlich ein Problem? Wie kann Beikost gestaltet werden, dass sie gewinnbringend für das Baby ist? Die Beikost mit Brei ist nicht grundsätzlich ein Problem. Ein Problem ist das als unverzichtbar angenommene Füttern und der Wunsch nach Kontrolle der Essensmenge.

Je mehr Autonomie ein Kind bei der Beikost haben darf, desto besser kann es auf sein Hunger- und Sättingungsgefühl hören. Das Kind kann z.B. seinen Brei selbst löffeln, was es bei vollendeter Beikostreife ohne Probleme bewältigen kann. Es macht aus verschiedenen Gründen auch Sinn, dem Kind den Brei nicht als undefinierbares Gemisch anzubieten, sondern wie es in vielen anderen Ländern üblich ist getrennt.

Wird der Brei dennoch gefüttert, ist es sehr wichtig feinfühlig auf die Signale des Babys zu reagieren und jedes Zeichen der Sättigung des Kindes zu respektieren und die Mahlzeit zu beenden. Die am Anfang genannten Spiele sind keine Spiele sondern eine Manipulationsstrategie der Eltern um eine vermeintlich nötige oder von den Eltern zur Sättigung des Kindes angenommene Portion in das Kind zu bekommen. Das kann zu weitreichenden und lebenslangen Problemen beim Kind führen. Dahinter steckt mit Sicherheit keine böse Absicht, die Eltern wollen das Beste für ihr Kind, deshalb ist es wichtig, dass Eltern Unterstützung erhalten und kein Druck aufgebaut wird, Essensmengen in ein Kind zu bekommen. Je bedürfnisorientierter die Ernährung eines Babys von Anfang an ablaufen kann und je weniger Druck auf Eltern ausgeübt wird, desto besser wird automatisch auf das natürliche Hunger- und Sättigungsgefühl des Babys geachtet und desto geringer ist Gefahr einer Überfütterung.  All dies trägt zu einer gesunden Ernährungsentwicklung beim Baby bei.

Ein Löffelchen für Mama, eine Löffelchen für Papa und das Fliegerspiel, strenge Kontrolle der Essensmengen... Nichts davon braucht es für eine gute Entwicklung eines gesunden Kindes. Gesunde Babys sind kompetent und es lohnt sich einem Baby zu vertrauen und auf seine Zeichen zu achten.